Vor kurzem wurde der Entwurf für den kommenden Doppelhaushalt 2021/2022 vorgelegt, mit dem sich die Binger Stadtpolitik die kommenden Wochen beschäftigen wird. Der Haushalt gibt den groben Rahmen für die Politik der kommenden Jahre vor, denn hier wird festgelegt, für welche Projekte, Investitionen und Schwerpunkte die kommenden zwei Jahre finanzielle Mittel bereitgestellt werden sollen. Die SPD Fraktion möchte im Rahmen dieser Haushaltsberatungen auch den Kunstrasenplatz in Kempten realisiert wissen und hat daher Änderungsvorschläge unterbreitet, um diesen zeitnah zu realisieren.

„Wenn wir jetzt nicht die Chance nutzen, das Projekt konkret anzugehen, droht die Sportstättenförderung des Landkreises Mainz-Bingen wegzubrechen, was auch das Aus für das Projekt bedeuten würde“, erklärt hierzu der Binger SPD Vorsitzende Rouven Winter.

„Uns selbstverständlich bewusst, dass der Umbau zum Kunstrasenplatz gerade in der jetzigen wirtschaftlichen und finanziellen Situation ein besonders engagiertes Unterfangen bedeutet. Dennoch ist hier unbedingt Eile geboten, denn es ist kein Geheimnis, dass die Umsetzung des Umbaus schon immer von der finanziellen Förderung Dritter abhängig war und auch weiterhin sein wird. Dabei ist schon lange klar, dass eine Förderung durch die Sportanlagen-Förderung des Landes nicht in Frage kommt, da die Fördervoraussetzungen (Mindestspielzeiten von min. 1.800 Std p. a.) hier faktisch nicht erfüllbar sind. Geplant und kommuniziert war daher immer, dass es eine Kofinanzierung geben soll, in der auch die Sportstättenförderung des Landkreises Mainz-Bingen enthalten ist.“, führt der SPD Fraktionsvorsitzende Philipp Staudinger aus.

Es stelle kein Geheimnis dar, dass der Fortbestand der Sportstättenförderung des Landkreises in Zukunft mindestens fraglich sei. „Sehr konkrete Signale, die allen Fraktionen im Kreis bekannt sind und daher auch den städtischen Fraktionen bekannt sein sollten, weisen darauf hin, dass wir nun sehr konkret über die ggf. letzte Chance sprechen, den Umbau des Kunstrasenplatzes zu realisieren.“, erklären Staudinger und Winter. „Mit Blick über den städtischen Tellerrand hinaus, können wirtschaftliche und finanzielle Aspekte daher kaum herangezogen werden, die gegen den zeitnahen Umbau sprechen sollen. Denn das Verschieben des Projektes beerdigt dieses entweder endgültig oder aber es wird damit in Kauf genommen, dass durch eine spätere Umsetzung zusätzlich hohe sechsstellige Summen von der Stadt zu leisten wären. Wirtschaftlich oder finanziell wäre damit nichts gewonnen – im Gegenteil.“, erklärt Winter.

„Den Eindruck zu erwecken, es bestünden aktuell keine finanziellen Ressourcen, um das Projekt zu realisieren, ist ebenfalls falsch. So können im vorliegenden Haushaltsentwurf 2021/2022 Mittel eingespart werden, die den Umbau des Platzes nicht nur ermöglichen, ohne das Haushaltsvolumen zu erhöhen, sondern sogar darüber hinaus das Haushaltsvolumen weiter senken. In der Summe der für den Haushalt vorgelegten Änderungsanträge der SPD Fraktion kann das Haushaltsvolumen des vorgelegten Haushaltsentwurfs somit insgesamt sogar um 180.000 Euro reduziert werden.“, führt Staudinger aus.

Die SPD Fraktion hat daher folgende Änderungsanträge für den vorliegenden Haushaltsentwurf gestellt:

  1. Streichung des Ansatzes von 320.000 Euro für den „Erwerb von unbebauten Grundstücken im Bubenstück“.
  2. Streichung des Ansatzes von in Summe 460.000 Euro (Ansatz: 595.000 Euro; abzüglich: Landeszuwendungen von 135.000 Euro) für die „Einrichtung des Stadtarchivs“.
  3. Einstellung von 600.000 Euro in den HH-Plan für den „Umbau des Sportplatzes in Bingen-Kempten zum Kunstrasenplatz“.

Zur Begründung führt die SPD Fraktion aus:

Zu 1) „Erwerb von unbebauten Grundstücken im Bubenstück“

Zweifelsfrei ist der Erwerb von unbebauten Grundstücken im Bubenstück für die geplante Wohnraumentwicklung in Bingen zwingend geboten. Die Grundstücke sollen daher auch aus Sicht der SPD Fraktion erworben werden. Inhaltlich besteht hier keinerlei Dissens.

Dennoch kann der vorliegende Haushaltsansatz bedenkenlos gestrichen werden, da hierfür auch liquide Mittel der EGB herangezogen werden können – und auch sollten – ohne den städtischen Haushalt zu belasten. Dies ist ohnehin notwendig und sinnvoll, da die notarielle Beurkundung im März vorgesehen ist und bis dahin eine Haushaltsgenehmigung mit Kreditaufnahmeermächtigung für den Grundstückskauf nicht vorliegen kann, was beim Erwerb durch die EGB jedoch nicht notwendig ist. Schließlich heißt es auch im einstimmigen Beschluss des Planungsausschusses vom 3.3.20 unter TOP 6 zum Baugebiet Bubenstück: „Für den sofortigen Ankauf der Flächen stehen Gelder der EGB bereit“, die somit auch ihrem satzungsgemäßen Auftrag nachkommt, bebaute und unbebaute Grundstücke zu erwerben.

Letzten Endes geht es hier deshalb auch nur um die Umsetzung der ohnehin bestehenden Beschlusslage der städtischen Gremien.

Zu 2) „Einrichtung des Stadtarchivs“

Die Einstellung dieser Mittel mag noch vor einigen Wochen sinnvoll gewesen sein, faktisch ist das Vorhaben jedoch in der Zwischenzeit längst überholt. Durch die gescheiterten Verhandlungen am Rupertsberg werden diese Mittel ohnehin frei, weshalb eine Streichung geboten ist.

Zu 3) „Umbau des Sportplatzes in Bingen-Kempten zum Kunstrasenplatz“

Der Umbau des Sportplatzes zum Kunstrasenplatz im Stadtteil Kempten stellt bereits seit Jahren einen fraktionsübergreifenden Konsens in Bingen dar. Klar ist, dass das bestehende Sportplatzangebot in Kempten dringend sanierungsbedürftig und nicht mehr zeitgemäß ist. Form und Zustand des Platzes stellen nicht nur im überregionalen Vergleich, sondern auch für den Spielbetrieb einen unerfreulichen Ausnahmezustand dar.

Das Angebot bzw. die „Ertüchtigung“ eines Naturrasenplatzes stellt dabei ausdrücklich keine geeignete Alternative dar, da ein Naturrasenplatz den Anforderungen des Sportbetriebes in Kempten nicht gerecht wird.

Im Gegensatz zum Naturrasenplatz ist ein Kunstrasenplatz ganzjährig bespielbar. Zum Vergleich: Die Belastung eines Kunstrasenplatzes ist im Vergleich zu einem Naturrasenplatz mehr als doppelt so hoch beschaffen. Bei der Verteilung der Nutzzeit über das Jahr in Gänze fällt der Naturrasenplatz darüber hinaus saisonal komplett aus. Eine ganzjährige Bespielbarkeit, wie sie überregional längst zum Standard geworden ist, ist somit schlichtweg unmöglich, wichtige und notwendige Spielzeiten würden vergeben werden.

Klar ist deshalb, dass der Platz dem immer weiter steigenden Bedarf an Platzzeiten im Stadtgebiet – gerade im Herbst und Winter – entgegentreten kann. Von einem dritten Kunstrasenplatz profitieren daher nicht nur in erster Linie die Stadtteile Kempten und Gaulsheim, sondern die gesamte Stadt.

Dass durch einen Umbau die Platzbedingungen für Sportbetrieb und Spieler*innen weiterhin verbessert werden, versteht sich von selbst.

Kurzfristige Einsparungen, die die Kosten eines Naturrasenplatzes gegenüber dem Kunstrasenplatz zunächst geringer wirken lassen, erscheinen bei langfristiger Betrachtung zudem in einem ganz anderem Licht. Durch Pflegeintensität, Dünger- oder Wasserverbrauch etc. ist der Naturrasenplatz langfristig mit deutlich höheren monetären Kosten und einem deutlich höheren Arbeitsaufwand verbunden.

Nicht nur im direkten Vergleich, sondern auch insgesamt sind mit einem Kunstrasenplatz enorme Vorteile für den gesamtstädtischen Sportbetrieb verbunden. So stellt gerade der Standort einen Vorteil dar. Die Erreichbarkeit und Verkehrsanbindung – auch mit dem ÖPNV – ist hier besonders gut beschaffen. Empfundene Störungen durch Lärm wie etwa in Sponsheim sind hier ebenfalls durch die Lage nicht zu erwarten. Der Platz kann weiterhin durch Synergien bei der Verwendung von Pflegegeräten, die bei den beiden Plätzen in Bingerbrück und Büdesheim bereits vorhanden sind, profitieren. Der Hartplatz dagegen ist der Letzte seiner Art, was sich auch auf den Pflegeaufwand auswirkt.

Auch das vorbildliche Engagement des Vereins Hassia Kempten, der die Übernahme der gesamten Abrissarbeiten in Eigenleistung zugesagt hat, wollen wir an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, insbesondere mit Blick darauf, dass sich die Hassia hier bereits seit Jahren sehr geduldig zeigt. Insofern bitten wir auch darum Falschmeldungen wie etwa die „Gefahr durch Mikroplastik“ zu unterlassen, da längst klar ist, dass beim längst geplanten Umbau seit Jahren immer von einer Quarzsandverfüllung die Rede war. Es besteht deshalb kein Grund, hier nun von etwas Anderem auszugehen.

„Zusammenfassend können wir daher festhalten, dass die Realisierung des Kunstrasenplatzes in Kempten erstens möglich und zweitens notwendig ist – und das zeitnah.“, so Staudinger und Winter abschließend.