Die SPD Bingen beantragt in der kommenden Sitzung des Stadtrates den Bau einer zentralen Wasseraufbereitungsanlage zur Enthärtung und Nitratentfernung. Die Wasserqualität in Bingen soll durch niedrigere Nitratwerte und weicheres Wasser deutlich besser werden. Durch die Senkung der Wasserhärte können sogar Kosten und viel Arbeit und Ärger mit Kalk im Binger Wasser gespart werden.

So ist die Lage:

Die Stadtwerke Bingen am Rhein versorgen die Stadtteile Bingen Stadt, Kempten, Gaulsheim, Büdesheim, Dietersheim, Sponsheim und Dromersheim mit etwa 1,6 Millionen m³/a Trinkwasser. Das erfasste Wasser bei Bingen-Gaulsheim (Gemarkungen Gaulsheim und Nieder-Ingelheim) ist jedoch enorm mit Nitrat belastet und überschreitet die zulässigen Nitratwerte deutlich. Daher ist es bereits seit Jahren erforderlich geworden, das Grundwasser aus dem Gewinnungsgebiet Gaulsheim mit Trinkwasser anderer Versorger solange zu verschneiden, bis die gesetzlichen Grenzwerte gerade unterschritten werden. Insofern wird von den genehmigten 1.600.000 m³/a lediglich etwa 1/3 über die eigenen Brunnen gewonnen. Die restlichen 2/3 müssen von fremden Versorgern eingekauft werden, damit das Trinkwasser überhaupt genießbar wird.

Die EU-Trinkwasserrichtlinie sieht hierbei einen Qualitätsstandard (Parameterwert) von 50 mg Nitrat je Liter vor. Diesen Wert hat die deutsche Trinkwasserverordnung als Grenzwert in die Liste der chemischen Parameter übernommen. Diese gesetzlichen Grenzwerte sind jedoch nicht unumstritten, denn Nitrat ist für den Menschen gesundheitsschädlich. Nitrat wird im menschlichen Körper zu Nitrit umgewandelt. Das Blut bindet sodann statt Sauerstoff Nitritmoleküle. Diese können in hoher Konzentration bei Säuglingen zur Blausucht bis hin zum Ersticken führen. Für ältere Kinder und Erwachsene besteht bei höheren Nitratkonzentrationen die Gefahr, dass sich Nitrosamine bilden, die wiederum krebserregend sind. Die gesundheitlichen Folgen des Nitrats sind daher sehr ernst zu nehmen und die vergleichsweise hohen Nitratgrenzwerte stehen daher in der Kritik. Zum Vergleich: In der Schweiz liegt der Nitratgrenzwert lediglich bei 25 mg/l.

Die SPD Bingen ist der Überzeugung, dass die Trinkwasserqualität nicht nur gerade unter den Grenzwerten des gesetzlich Erlaubten liegen sollte, denn Wasserqualität ist Lebensqualität. Es ist nicht notwendig, die Qualität des Binger Wassers auf dem geringstmöglichen Standard zu halten, der gerade noch erlaubt ist und zudem lediglich dadurch zustande kommt, dass das Binger Wasser solange verschnitten wird, bis es unter die Grenze des gesetzlich Erlaubten fällt.

Neben der hohen Nitratbelastung kämpft das Binger Trinkwasser zudem mit einem weiteren Problem, das den Binger Bürgerinnen und Bürgern in den Stadtteilen Bingen Stadt, Kempten, Gaulsheim, Büdesheim, Dietersheim, Sponsheim und Dromersheim zum Leidwesen bestens bekannt ist: Mit 31,1 °dH (Quelle) liegt die Wasserhärte in Bingen am Rhein im Härtebereich „hart“. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Wasserhärte in Deutschland beträgt 16,6 °dH, in Rheinland-Pfalz durchschnittlich 15 °dH (Quelle). Die enorme Härte des Binger Wassers stellt eine große Belastung für Haushaltsgeräte dar und verursacht hohe Kosten und viel Arbeit.

Insbesondere bei Temperaturen von über 60 °C kann aus dem Leitungswasser Kalk ausfallen, der sich in Heizung, Bad, Wasch- und Spülmaschinen, aber auch in Wasserkochern und Kaffeemaschinen o. Ä. ablagert. Schäden an Heißwassergeräten und in Leitungen sind vorprogrammiert. Die Anhäufung von Ablagerungen und Niederschlägen sorgt dafür, dass Geräte häufig entkalkt werden müssen. Angegriffene Hähne, Leitungen und einige Heißwassergeräte sind jedoch nur schwierig zu entkalken. Bei hoher Kalkbelastung müssen dementsprechend mehr Waschmittel, Entkalkungsmittel und Putzmittel verwendet werden, was hohe Kosten verursacht und sich zudem negativ auf die Umwelt auswirkt.

Bei bestimmten Geräten führt hartes Wasser auch zu einem Verlust der Energieleistung, wodurch die Stromkosten steigen. Oft sind Geräte auch gar nicht mehr zu retten und müssen ausgetauscht werden, wodurch ebenfalls erhebliche Kosten auf die Konsumentinnen und Konsumenten zukommen. Auch private Entkalkungsanlagen verursachen zudem Kosten in Binger Haushalten.

All dies hat dementsprechend einen Einfluss auf die Umwelt: Reste von Reinigungsprodukten gelangen ins Abwasser, die Menge entsorgter Geräte wird immer größer und fossile Rohstoffe werden stärker verbraucht.

Bereits in der Vergangenheit hat die SPD Stadtratsfraktion daher eine zentrale Wasseraufbereitungsanlage gefordert, die sowohl die Nitratwerte als auch die Wasserhärte erheblich senken kann. Bei einer Wasseraufbereitungsanlage handelt es sich um ein Ionenaustauschverfahren, bei dem im Gegensatz zu dezentralen Anlagen kein Salz, sondern Kohlenstoffdioxid als Regenerationsmittel eingesetzt wird. Es findet in diesem Fall keine Aufsalzung des Abwassers statt. Eine solche Wasseraufbereitungsanlage wurde damals im Stadtrat von der Stadtratsmehrheit jedoch leider immer wieder abgelehnt.

Durch eine Wasseraufbereitungsanlage kann das Binger Trinkwasser qualitativ enorm aufgewertet werden. Durch geringere Nitratwerte sinken Gesundheitsrisiken und durch eine geringere Wasserhärte können zudem Kosten eingespart werden.

Bereits im Jahr 2013 veröffentlichte das Ingenieurbüro CDM Smith Consult GmbH (Machbarkeitsstudie Projektnummer: 89336 Bericht Nr. 1) im Auftrag der Stadt Bingen eine Machbarkeitsstudie zu den „Möglichkeiten der Trinkwasseraufbereitung“ in Bingen. Die Ergebnisse dieser Studie sind eindeutig:

  • Die Wasserqualität in Bingen kann durch eine zentrale Wasserenthärtungsanlage deutlich gesteigert werden.
  • Die Wasserhärte kann deutlich gesenkt werden (auf 13 – 14 °dH, damit Abfall auf Härtegrad 2)
  • Die Nitratwerte können deutlich gesenkt werden.
  • Die Eigenwasservorkommen der Stadt Bingen werden effizienter genutzt.
  • Wasser von Fremdversorgern muss nicht mehr teuer eingekauft werden.
  • Unterm Strich: Kosteneinsparungen für Konsumentinnen und Konsumenten.

Die Qualitätssteigerungen für die Wasserversorgung sind unbestritten. Von Gegnerinnen und Gegnern einer solchen zentralen Wasserenthärtungsanlage wurde dagegen immer wieder argumentiert, dass Preise steigen und Konsumentinnen und Konsumenten stärker belastet würden. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie wiederlegen diese Behauptungen jedoch eindeutig. So ist es zwar korrekt, dass die Mehrkosten für die zentrale Enthärtung des Trinkwassers bei ca. 30ct/m³ liegen, die Einsparungen, die dadurch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern generiert werden, übersteigen diese Mehrkosten jedoch um das mehr als zweifache. Unterm Strich erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher daher nicht nur qualitativ hochwertigeres Wasser, sondern sie sparen zudem bares Geld.

So kommt die Machbarkeitsstudie zu folgendem eindeutigen Schluss:

Zitatbeginn: „Den Mehrkosten (Erhöhung des Wasserpreises) bei den Verbrauchern stehen Einsparungen der Wassernutzer durch eine Reduzierung von Wasch- und Reinigungsmittelverbräuche und eine längere Lebensdauer von Geräten für die Warmwassererzeugung gegenüber. Über diese Einsparungen gibt es zahlreiche Auswertungen in der Literatur. Diese liegen laut einer Auswertung des DVGW zwischen 25 und 30 € pro Person und Jahr. Bei einem Wasserverbrauch von 40m³ pro Person und Jahr (ca. 110 l pro Tag und Person) ergibt sich ein Sparpotential von 0,63 – 0,75€/m³. Somit wird der Mehrpreis des Wassers bei entsprechenden sinnvollen Dosierungen von Wasch- und Reinigungsmitteln mehr als zweifach kompensiert.“ Zitatende

Auch die Investitionskosten für die Bereitstellung der Wasseraufbereitungsanlage sind daher im Kontext dieser laufenden Kosteneinsparungen und vor allem der Verbesserung der Wasserqualität zu betrachten.