Die SPD-Stadtratsfraktion hat bisher davon abgesehen, wegen der Alkoholfahrt des Oberbürgermeisters, dessen Rücktritt zu fordern. Dies geschah als Entgegenkommen vor dem Hintergrund, dass es sich bei Alkoholismus um eine Krankheit handelt und wir dem Oberbürgermeister die Möglichkeit geben wollten, dass er sich im Rahmen einer Sitzung des Ältestenrates dazu erklärt, wie er dieses Problem angehen möchte. Diesem Gesprächsangebot kam er nun mit seinen erneuten Äußerungen in der Presse zuvor.

Als Ratsmitglieder tragen wir direkt Verantwortung für unsere Stadt. Daher war für uns klar, dass der Oberbürgermeister nur dann weiterarbeiten kann, wenn wir den Eindruck erlangen, dass er sein Problem ernsthaft angeht und in der Lage ist, die Verwaltung, in der er Verantwortung für 300 Mitarbeiter trägt, die Stadt repräsentiert, Verhandlungen für die Stadt führt und Verträge für die Stadt schließt, verantwortungsvoll zu führen.

Dafür waren und sind für uns folgende Punkte Voraussetzung:

  1. Er muss sich klar zu seinem Fehler und seiner Verantwortung für diesen Fehler bekennen.
  2. Er muss sich öffentlich zu seinem Alkoholismus bekennen.
  3. Er muss eine Therapie beginnen und seine Amtsgeschäfte für die Dauer dieser Therapie ruhen lassen.
  4. Es darf keinerlei weitere Vorfälle mit Alkohol geben. Dazu gehört auch die strikte Abstinenz.

Leider haben wir seit der Stadtratssitzung und zuletzt mit dem heutigen Artikel in der Allgemeinen Zeitung (https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/bingen/bingen/nach-alkoholfahrt-bingens-ob-feser-will-im-amt-bleiben_21691050) einen gegenteiligen Eindruck erlangt:

Die Verantwortung für den Vorfall wird heruntergespielt. Der Oberbürgermeister betont, dass es sich um einen privaten Vorfall gehandelt habe, der einer einmaligen Situation geschuldet sei. Nachdem einige Fraktionen öffentlich zu seinem Unfall Stellung genommen hatten, erklärte er gegenüber der AZ, dass das Tischtuch mit diesen endgültig zerrissen sei.

Dies lässt nur den Schluss zu, dass er immer noch nicht die Verantwortung für seine Tat und auch die Relevanz für sein Amt anerkennt. In seiner Wahrnehmung ist offenbar nicht sein Vergehen das Problem, sondern dass darüber gesprochen wird. Diese Einstellung ist für einen Amtsträger, von dem wir jederzeit fordern müssen verantwortungsvoll zu handeln, fatal. Eine Alkoholfahrt mit über 2,3 Promille gemessenem Alkoholpegel um 11 Uhr morgens in einem Wohngebiet nahe einer Schule ist keine Privatsache. Das ist keine Entscheidung, mit der man sich nur selbst in Gefahr bringt. Dass niemand Drittes verletzt wurde oder noch schlimmeres, ist nur Glück. Eine Alkoholfahrt unter diesem enormen Alkoholeinfluss ist zurecht eine Straftat.

Auch seine erneuten Aussagen er sei „kein klassischer Alkoholiker“ und die Situation sei nur einer „persönlichen Ausnahmesituation“ geschuldet, werfen Fragen auf. Auch eine persönliche Ausnahmesituation rechtfertigt keine Alkoholfahrt und die damit in Kauf genommene Gefährdung anderer Menschen. Der Versuch sein Alkoholproblem herunterzuspielen zeugt von wenig Problembewusstsein. Längere Phasen der Abstinenz sprechen nicht gegen einen vorliegenden Alkoholismus, sondern sind vielmehr beim Typus des „Rauschtrinkers“ oder des „episodischen Trinkers“ Teil des Krankheitsbildes. Auch in der Vergangenheit hat der Oberbürgermeister, nachdem er alkoholisiert in Sitzungen aufgefallen war, versichert, vergleichbares werde nie wieder vorkommen. Leider hat er diese Zusagen wieder nicht eingehalten.

Die Erklärung des Oberbürgermeisters noch vor der Sitzung des Ältestenrates, er werde sein Amt nicht ruhen lassen und lediglich eine ambulante Therapie machen, zeugt darüber hinaus von wenig Gesprächsbereitschaft mit den Stadtratsfraktionen. Zumal seine Amtsgeschäfte in dieser Zeit nicht etwa von einem Vertreter einer anderen Partei, sondern von seinem Parteikollegen Ulrich Mönch übernommen würden. Damit hat der Oberbürgermeister das zweite Gesprächsangebot seit seiner Alkoholfahrt faktisch ausgeschlagen.

All diese Punkte bringen uns zu der Erkenntnis, dass der Oberbürgermeister weder ein angemessenes Schuldbewusstsein zeigt, noch die Absicht hat, sein Problem mit der nötigen Ernsthaftigkeit anzugehen. Wir ziehen daraus den Schluss, dass er nicht mehr in der Lage ist verantwortungsvoll Entscheidungen für die Stadt zu fällen und die Stadt zu repräsentieren. Damit ist der als Oberbürgermeister nicht mehr tragbar und wir fordern ihn zum Rücktritt auf.

Dem Mensch Thomas Feser wünschen wir, dass er irgendwann die Kraft findet, sich seiner Krankheit zu stellen und sein Problem zu lösen.